Die in HiToP-191-Geräte zur Muskelstimulation bei Patienten mit diabetischer Polyneuropathie benutzte Methode

Die in HiToP®-191-Geräten zur Muskelstimulation bei Patienten mit diabetischer Polyneuropathie benutzte Methode


  1. Das für die effektive Behandlung der symptomatischen diabetischen Polyneuropathie durch externe Muskelstimulation benutzte Gerät HiToP® 191 erzeugt niederfrequent mit 20 Hz simultan frequenz- und amplitudenmodulierte Mittelfrequenzströme (auch "Hochtonfrequenzströme" genannt); die Periodendauer beträgt 9 Sekunden, und eine Periode setzt sich aus 3 Teilen von jeweils 3 s Dauer zusammen: 3 s Anstieg bis zur maximalen Intensität, 3 s Reizung mit maximaler Intensität, 3 s Pause. (Der Mittelfrequenzbereich, in dem gereizte erregbare Zellen nicht mehr reizfrequenzsynchron mit der Generierung von Aktionspotentialen antworten können, beginnt bei etwa 1000 Hz und endet bei etwa 100000 Hz, der Grenze zum Hochfrequenzbereich.)

  2. Die "Impulsbreiten" - oder genauer, aber auch komplizierter ausgedrückt - die "Modulationsperiodendauern" der niederfrequent mit 20 Hz applizierten reizwirksamen "Impulse" betragen jeweils 50 ms. Innerhalb eines solchen "Impulses" wird die mittelfrequente Trägerfrequenz zwischen den Eckfrequenzen 32768 Hz und 4096 Hz (diese Distanz entspricht 3 Oktaven) jeweils einmal "hin und zurück" frequenzmoduliert, so dass die Mittelfrequenz innerhalb dieser 50 ms einmal, z. B. in der Hälfte dieser Zeit - also etwa 25 ms lang - überschwellig ist und eine Einzelzuckung der gereizten Muskeln erzeugt. (In HiToP®-Geräten wird - im Unterschied zur ersten Hochtongerätegeneration mit "reiner horizontaler" Frequenzmodulation immer simultan mit der gleichen Modulationsfrequenz auch die Amplitude moduliert.)

  3. Da für Mittelfrequenzströme das Alles-oder-Nichts-Gesetz nicht gilt, kommt es bei der hier beschriebenen Art der Reizung niemals zu einer unphysiologischen synchronen Kontraktion aller überschwellig gereizten Muskelfasern, wie dies bei einer Reizung mit Niederfrequenzströmen der Fall wäre. Würde man versuchen, mit niederfrequenten Strömen - in welcher Form auch immer (z. B. als breitere oder schmalere Impulse oder als sinusförmige Wellen oder Halbwellen), 20 Hz "direkt" als Reizfrequenz zu nutzen, käme es nicht zu einer "glatten tetanischen Kontraktion" sondern nur zu einem "unvollständigen Tetanus". (Dies sind Begriffe aus der Muskelphysiologie, die für Medizinstudenten zum Prüfungsstoff im Physikum gehören.)

    Will man mit niederfrequenten Strömen eine glatte tetanische Kontraktion hervorrufen, muss man die Reizfrequenzen auf 50 bis 70 Hz erhöhen, die in den peripheren Motoneuronen allerdings physiologischerweise niemals für länger anhaltende maximale Krafterzeugung eingesetzt werden, da sie wegen der viel häufiger erforderlichen Repolarisationsarbeit den Stoffwechsel der motorischen Nerven und der Muskeln überfordern würden. Nach dem "HENNEMAN-Prinzip", benannt nach einem berühmten US-amerikanischen Muskelphysiologen, werden Motoneurone - mit Ausnahme für sehr kurze und schnelle Bewegungen - mit 10 Hz rekrutiert, und sie "feuern" für eine anhaltende Maximalkraftentfaltung - allerdings niemals synchron - mit maximal 20 Hz.

    Einer der wesentlichen Vorteile der für die im Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf durchgeführten Studien benutzten HiToP®-191-Geräte ist die Einsetzbarkeit der physiologischen Maximalfrequenz von 20 Hz für eine tetanische Muskelaktivierung unter Ausschaltung des für Niederfrequenzreizung bestehenden Dilemmas, entweder einen unvollständigen, für den Patienten unangenehmen unvollständigen Tetanus oder eine den Nerven- und Muskelstoffwechsel überfordernde, rasch ermüdende und sogar zunehmend schmerzhafte Reizung mit höheren Frequenzen in Kauf nehmen zu müssen.

  4. Die reine niederfrequente Frequenzmodulation ("horizontale Stimulation") mit 20 Hz zwischen den im Mittelfrequenzbereich liegenden Eckfrequenzen 4096 und 32768 Hz kann einen Nachteil haben, nämlich den, dass sich bei dem Versuch, durch eine gleichmäßige Intensitätserhöhung im gesamten Frequenzbereich zwischen den beiden Eckfrequenzen im Muskel eine möglichst kräftige Kontraktion zu erzeugen, gleichzeitig das Verhältnis zwischen über- und unterschwelliger Mittelfrequenzstromeinwirkungszeit pro "Impuls-" - oder besser - "Modulationsperiodendauer" (50 ms bei Reizfrequenz 20 Hz) zugunsten der überschwelligen ändern würde. Schließlich würde sich die gesamte Frequenzmodulation bei höchsten Intensitäten nur noch im überschwelligen Intensitätsbereich abspielen.

    Dieser Nachteil läßt sich durch die nur mit HiToP®-Geräten mögliche zusätzliche simultane Amplitudenmodulation ausgleichen, indem die Intensität mit höher werdenden Mittelfrequenzen erniedrigt, mit niedriger werdenden Mittelfrequenzen wieder erhöht wird. Die Reizempfindung wird dabei etwas "härter". Wenn hingegen schon mittlere Intensitäten bei "horizontaler Stimulation" zu ausreichend kräftigen einzelnen oder tetanischen Kontraktionen führen, läßt sich die ohnehin im Vergleich zur "vertikalen Stimulation" mit niederfrequenten Strömen oder niederfrequent amplitudenmodulierten Mittelfrequenzströmen subjektiv viel angenehmere "horizontale Stimulation" noch "weicher und sanfter" als so genannte "paradoxe Stimulation" gestalten, indem durch simultane Amplitudenmodulation mit niedriger werdenden Frequenzen sich auch die Intensität des mittelfrequenten Trägers vermindert und mit wieder ansteigenden Frequenzen entsprechend wieder erhöht.

    Der Begriff "paradoxe Stimulation"
    soll darauf hinweisen, dass
    die sich periodisch wiederholenden Kontraktionsphasen der "paradox" gereizten Muskeln zeitlich mit den Minimalwerten der Intensität, die Pausen dazwischen hingegen mit den Maximalwerten der Intensität zusammenfallen.

    Die Nerven und Muskeln der unter einer diabetischen Polyneuropathie leidenden Patienten werden mit HiToP®-Geräten, wie sie im Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf für Studien verwendet werden, die zum Teil bereits abgeschlossen und deren Ergebnisse bereits publiziert worden sind, in der beschriebenen Weise "paradox" stimuliert.

    Im Unterschied zu herkömmlichen "vertikalen" Stimulationsmethoden kommt der Reizimpuls nicht "von unten", von Null oder von einem Minimalwert, sondern "von oben", von einem Intensitätsmaximum während der mehr oder weniger langen Ruhephasen zwischen 2 Aktionspotentialen bzw. 2 Einzelzuckungen einer Muskelfaser. Die diffusions- und stoffwechsel-erleichternden elektrischen Wechselfelder entfalten ihre höchste Wirksamkeit gerade in den kurzen Pausen zwischen den Aktionspotentialen bzw. Einzelzuckungen. Das Reizprogramm der HiToP®-191-Geräte für die Behandlung der diabetischen Polyneuropathie ist so eingestellt, dass die Intensität des elektrischen Wechselfeldes - gemessen in Volt - zum Zeitpunkt des Erreichens der oberen Eckfrequenz 20 % höher liegt als zum Zeitpunkt des Erreichens der unteren Eckfrequenz.

    Die in HiToP®-184-Geräten
    - nicht in den HiToP®-191-Geräten -
    verfügbare energiesparende Methode zur periodischen Erzeugung sogenannter physiologischer Kontrakturen im Vergleich zu der oben beschriebenen Methode zur periodischen Erzeugung tetanischer Kontraktionen.

    Ausreichend überschwellige Intensitäten mittelfrequenter elektrischer Wechselfelder erzeugen, wenn sie nicht niederfrequent frequenz- oder/und amplitudenmoduliert werden, in Nerven bzw. Muskeln eine anhaltende reversible partielle Dauerdepolarisation, im Nerven einhergehend mit einer echten Leitungsblockierung, am Muskel verbunden mit einer so genannten physiologischen Kontraktur, vergleichbar einer reversiblen "Totenstarre" oder den energiesparenden Kontraktionsformen glatter Muskeln.

    Der Stoffwechsel der motorischen Nervenzellen und der Muskelzellen wird nicht durch häufige elektrische repetitive Repolarisationsarbeit (in Form von Ionenpumparbeit), wie sie bei tetanischen Kontraktionen erforderlich wäre, belastet. Je nach Indikation kann eine solche Stoffwechselbelastung durch tetanisierende Stimulation als Stoffwechselforderung im Sinne eines Trainingseffektes erwünscht sein, wie es ja mit dem HiToP®-191-Gerät bei der Reizung der Oberschenkelstreckmuskulatur der Diabetiker zur Forderung und Förderung des Muskelstoffwechsels geschieht; aber diese Stoffwechselbelastung kann auch in manchen Fällen zu einer Überbelastung, einer Überforderung des Stoffwechsels werden, z. B. bei arteriellen Verschlußkrankheiten einschließlich diabetischer Angiopathien. Außer der in Nerven und Muskeln bei repetitiver Auslösung von Aktionspotentialen immer anfallenden repetitiven Repolarisationsarbeit kommt in den quergestreiften Muskeln noch repetitive mechanische Verkürzungsarbeit hinzu.

    Verringert man die zur niederfrequenten Reizung einstellbare Modulationsfrequenz allmählich schrittweise (z. B. am HiToP® 184), ausgehend von 20 Hz ( wie sie in der Düsseldorfer Studie mit den HiToP®-191-Geräten benutzt wurde) z. B. auf 10 Hz, so liegt man im Bereich der sogenannten Rekrutierungsfrequenzen motorischer Einheiten (etwa 6 bis 10 Hz), wo die Fusion der Einzelzuckungen unvollkommener wird und das Mechanogramm weniger glatt erscheint als bei 20 Hz (muskelphysiologisch ein sogenannter "unvollständiger Tetanus").

    Bei weiterer Erniedrigung der Reizfrequenzen kommt es zu sichtbaren Einzelzuckungen, die schließlich bei Frequenzabsenkungen unter 1 Hz bis schließlich 0,1 Hz fließend in scheinbar langsam an- und wieder abschwellende Kontraktionen übergehen, die sich aus dem Zusammenwirken zunächst kleinerer und allmählich größer werdender Anteile des Muskels zusammensetzen, die nach Erreichen des Kontraktionsmaximums in umgekehrter Reihenfolge wieder erschlaffen.

    Bei ausreichender Intensität und individuell optimal angepaßter "Steigung" der den Verlauf der simultanen Frequenz- und Amplitudenmodulation repräsentierenden Kurve ist aufgrund von mit Mittelfrequenzströmen durchgeführten muskelphysiologischen Untersuchungen davon auszugehen, dass am Zustandekommen der Kontraktion bei niedriger werdenden Reizfrequenzen zunehmend periodisch erzeugte physiologische Kontrakturen beteiligt sind, wobei die periodische Wiedererschlaffung jeweils in umgekehrter Reihenfolge erfolgt. Die innerhalb einer Periode von beispielsweise 10 Sekunden jeweils zuerst überschwellig erfaßten Muskelanteile verharren dabei auch am längsten in diesem Zustand der physiologischen Kontraktur, die zuletzt erfaßten am kürzesten.

    Mit anderen Worten: Die zuerst erfaßten Muskelanteile erschlaffen zuletzt, die zuletzt erfaßten zuerst. Bei 0,1 Hz entsprechend einer Periodendauer von 10 s dauern die Phasen der allmählichen Zunahme der Kontraktion ebenso wie die Phasen der allmählichen Wiedererschlaffung jeweils maximal 5 s.

    Je nach Einstellung der Parameter "durchschnittliche Intensität" (V oder mA) und "Steigung" (Verhältnis der Intensität in V bei 32768 Hz zur Intensität bei 4096 Hz) lassen sich

    - die Menge der kontrahierenden Anteile des Muskels und damit dessen insgesamt maximal erzeugte Kraft und

    - das Verhältnis zwischen der Kontraktionsdauer pro Periode - beginnend mit der "Rekrutierung" des ersten überschwellig erfaßten Muskelanteils und endend mit dem Beginn von dessen Wiedererschlaffung - und der Dauer zwischen dem Beginn der Wiedererschlaffung des zuletzt erschlaffenden Muskelanteils und dem Wiederbeginn von dessen physiologischer Kontraktur verändern.

    Legt man die aus der Literatur bekannten elektrophysiologischen und bioenergetischen Besonderheiten physiologischer Kontrakturen zu Grunde, so ist davon auszugehen, dass die periodische Erzeugung physiologischer Kontrakturen wesentlich weniger Energie verbraucht als die periodische Erzeugung tetanischer Kontraktionen. Die Gründe sind in dem Wegfall oder zumindest in der Reduktion repetitiver elektrischer Repolarisationsarbeit in den betreffenden Nerven und Muskeln sowie im Wegfall repetitiver mechanischer Verkürzungsarbeit im Muskel zu suchen.

    Folgende Fragen sind bei der Diskussion der Wirkungsmechanismen der Hochtonfrequenzströme bei Diabetes, speziell bei diabetischer Polyneuropathie, m. E. vordringlich klärungsbedürftig:

    - Welchen Anteil an den beobachteten therapeutischen Wirkungen haben die niederfrequenten Stimulationswirkungen (20 Hz), welchen Anteil die mittelfrequenten Wirkungen der Trägerfrequenzen?

    - Wie hätte sich eine herkömmliche niederfrequente Muskelreizung mit niederfrequenten Strömen im Vergleich zur Reizung mit HiToP®-Geräten ausgewirkt?

    - Haben nicht-stimulierende Rumpf- oder Ganzkörperbehandlungen mit langsam zwischen 4096 und 32768 Hz entlang der Schwellenkurve simultan frequenz- und amplitudenmodulierten Mittelfrequenzströmen ähnlich günstige therapeutische Effekte? Berichte über unerwünschte Hypoglykämien bei Diabetikern, die wegen Rückenschmerzen oder diabetischer Angiopathien mit Interferenzströmen behandelt wurden, deren zwecks Interferenz zur Überlagerung gebrachten Mittelfrequenzströme Frequenzen zwischen 4000 und 4100 Hz hatten, würden dies erwarten lassen.

    - Ist eine mit einer 9-Sekunden-Periodik und 20 Hz erzeugte physiologisch tetanisierende Muskelstimulation, wie sie in der Studie eingesetzt wurde, wirksamer oder weniger wirksam als eine subjektiv intensitätsmäßig ähnlich empfundene sanft an- und wieder abschwellende periodische Auslösung physiologischer Kontrakturen - entsprechend einer Modulationsfrequenz von 1/9 Hz (= 0,11 Hz)?

    Es muss ausdrücklich betont werden, dass die Hochton-Therapie nichts mit irgendeiner Art von Hochfrequenzanwendung zu tun hat.

    Der Begriff "Hochfrequenz" ist in der Elektrotherapie klar nach medizinischen - genauer gesagt - nach elektrophysiologischen - Kriterien definiert als derjenige Frequenzbereich, in dem die frequenzabhängigen Schwellen für die Auslösung von Aktionspotentialen so hoch sind, dass sie wegen der Höhe der erforderlichen einzukoppelnden elektrischen Leistung, die thermische Schädigungen erzeugen würde, nicht mehr erreicht werden können. Gerade deswegen läßt sich aber die Hochfrequenz therapeutisch nutzen, um in den Geweben durch eingekoppelte elektrische Leistung Wärme zu erzeugen, ohne erregbare Strukturen wie Nerven und Muskeln zu reizen.

    Bei einer Behandlung mit Hochfrequenzströmen wird im Gewebe lediglich Wärme erzeugt und nach  überschreiten der Schwellen der Thermorezeptoren als Wärme wahrgenommen, ohne dass es durch direkte elektrostimulatorische Wirkungen zu irgendwelchen Kribbel- oder Schmerzempfindungen oder gar zu Muskelzuckungen kommt. Wegen der Bündelung elektrischer Feldlinien in guten Leitern sind Hochfrequenzanwendungen bei Patienten mit Metallimplantaten kontraindiziert: Wenn auch das Metall selbst als guter Leiter sich fast gar nicht erwärmt, so ist das angrenzende Gewebe wegen seines viel höheren Widerstandes um so mehr durch Erhitzung gefährdet.

    Der Hochfrequenzbereich beginnt erst bei Frequenzen über 100000 Hz. HiToP®-Geräte sind keine Hochfrequenzgeräte und daher bei Metallimplantaten auch nicht kontraindiziert. Sie haben auch nichts mit den Hochfrequenzen zu tun, die z. B. im Mobilfunk benutzt werden.
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